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Samstag, 21. August 2010
Is a book

David Grossman (Anne Birkenhauer): Eine Frau flieht vor einer Nachricht

Das zweite Kapitel fängt so an:
Stotternd schlängelte sich die Kolonne aus Zivilfahrzeugen, Jeeps, Militärkrankenwagen, Panzern und riesigen Bulldozern auf Transportern dahin. Der Taxifahrer, mit dem sie fuhren, war still und grimmig, seine Hand lag auf dem Schaltknüppel des Mercedes, sein breiter Nacken bewegte sich nicht, und schon mehrere Minuten hatte er weder sie noch Ofer angeschaut.
Bereits beim Einsteigen hatte Ofer wütend die Luft durch die Lippen gepresst, und sein Blick sagte, das war aber eine tolle Idee, Mama, ausgerechnet ihn für diese Fahrt zu rufen, und erst da begann sie etwas zu begreifen – um sieben Uhr früh hatte sie Sami angerufen, er möge bitte kommen, er solle sich auf eine lange Fahrt einstellen, in die Gegend des Berges Gilboa.

Eine Frau flieht vor einer Nachricht. Die Frau heißt Ora, und eigentlich wollte sie mit ihrem erwachsenen Sohn Ofer zusammen eine Wanderung durch Galiläa machen, eine Woche lang, zur Feier seiner Entlassung aus der Armee. Jetzt muss Ofer aber doch noch mal hin, in den Krieg. Und Ora flieht, sie flieht vor der Nachricht, dass er gefallen ist. Von dem Moment an, da Ofer nicht mehr zu Hause ist, hält sie es dort nicht mehr aus, weil sie dauernd damit rechnen muss, dass „sie“ kommen, um ihr diese Nachricht zu überbringen. Zum Überbringen einer Nachricht gehören aber immer zwei: einer, der sie überbringt, und einer, der sie empfängt. Wenn Ora einfach nicht da ist, dann kann die Nachricht auch nicht überbracht werden. Sie beschützt ihren Sohn sozusagen, indem sie nicht da ist. Und so macht sie die geplante Wanderung trotzdem, und zwar zusammen mit ihrem Jugendfreund Avram. Und auf dieser Wanderung reden sie miteinander.
Es geht um eine Frau zwischen zwei Männern, und mit zwei Söhnen noch dazu, also sozusagen zwischen vier Männern, und um die komplizierten Beziehungen zwischen diesen fünf Personen – eine sehr intime, persönliche, familiäre Geschichte, in der sich aber die große Politik spiegelt. Anders gesagt: in der der ewige Krieg in Israel, wie wahrscheinlich in den meisten israelischen Familien, eine furchtbare Rolle spielt und die Beziehungen und die Leben aller verändert. Und es geht um Leidenschaft, ebenso um leidenschaftliche Liebe wie um leidenschaftliche Angst, um sich selbst und um andere, bis zur völligen Unvernunft und Panik.
Es ist grausam und grauenhaft, natürlich, und es ist wahnsinnig gut. Ein sensationelles Buch, unglaublich intensiv, 728 Seiten lang, und zwar große und sehr vollgeschriebene Seiten, und es ist kein Wort zu viel. Ich habe ja normalerweise eher Angst vor so dicken Büchern, aber dies wurde mir keine Sekunde zu lang. Anne Birkenhauers Übersetzung ist, ich möchte fast sagen: makellos (Tippfehler zählen nicht). Ich ziehe tief meinen Hut vor dem Autor wie auch der Übersetzerin. Sie haben gemeinsam den Albatros-Literaturpreis bekommen, David Grossman erhält dieses Jahr außerdem den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, und das freut mich sehr. Und Euch lege ich dieses Buch ans Herz. Das ist ein Buch, das bleibt. Und das einen dankbar macht, in Frieden zu leben.
David Grossman bekommt einen Regalplatz zwischen Grimmelshausen und Klaus Groth.

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Ist bestellt. Wenn hier schon mal die dicken Schwarten gelobt werden ...

Vor welch' dunklem Geheimnis willst Du uns bewahren, wenn hier der Beginn des ZWEITEN Kapitels als Einstieg dient?

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Hihi, hier bleibt auch nichts verborgen. Vor keinem dunklen Geheimnis, nur vor der Geschichte des Kennenlernens der drei. Da habe ich stattdessen den Einstieg in die eigentliche Rahmenhandlung gewählt, als Ora nämlich Ofer zu seinem Einsatzort bringt.

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Last modified: 06.06.24, 10:52
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Kommentare
Anderthalbfache Unterstützung!
Christl Klein, vor 12 Jahren
Hm, Tempers Kommentar ist ja
schon von 2008 - ich schätze eher nicht, dass...
isabo, vor 13 Jahren
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
das ist ein hobby
von mir. antizyklisches kommentieren ;)
fabe, vor 13 Jahren
Das hier ist ja
schon eine Weile her. Hihi.
isabo, vor 13 Jahren
hier war ja neulich
stromausfall. menschen sind merkwürdig.
fabe, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
Oh, vielen Dank!
isabo, vor 14 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Der Verein lebe hoch, anderthalb
mal hoch Bin dabei.
Jolen, vor 14 Jahren
Da spricht mir wer aus
der Seele. Ich gebe mir auch schon seit Jahren...
Cuguron, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Meiner hat mir nur von
dem Smiley auf seiner Krone erzählt. Und ob ich...
strandfynd, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
das hier geht woanders
nicht besser, aber versuch macht kluch...
don papp, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Sie wissen aber schon,
dass das hier schöner ausschaut?
leavesleft, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
Jo. Dann.
isabo, vor 14 Jahren
Möchten Sie es wissen?
kinomu, vor 14 Jahren
alles gute und auf nach
drüben!
skizzenblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren

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