Montag, 13. November 2006
Übrigens:
isabo,
22:27
"Es gibt keine hässlichen Frauen, es gibt nur Männer, die als Jungs nicht gelernt haben, wie man richtig hinsieht." Sasa Stanisic (+ div. Akzente): Wie der Soldat das Grammofon repariert. ... Link (2 Kommentare)
Übersetzen
isabo,
14:29
Gerd Brunzema schreibt auf seiner Website: „Ich glaube nicht an Übersetzungen“. In einer Mail an mich fügt er hinzu, das sei vielleicht ein wenig vermessen und müsse eher „ich glaube nicht an *meine* Übersetzungen“ heißen. Denn er sei immer gescheitert, wenn er versucht habe, Klang oder Geruch einer Sprache in eine andere zu übertragen; er stellt eigentlich keine konkrete Frage, sondern möchte gern wissen, wie mein Ansatz ist, mit diesem grundsätzlichen Problem der Übertragbarkeit von einer Sprache in die andere umzugehen. Ein Text, der nicht nur von seinem Inhalt, sondern auch von der Sprache lebt, wird sich beim Übersetzen natürlich verändern – eben weil die Sprache eine andere ist. Aber nicht jede Veränderung ist ein Verlust. Eins der Übersetzer-Zauberworte lautet „Wirkungsäquivalenz“, das heißt, wir bemühen uns, mit dem deutschen Text dieselbe Wirkung zu erzielen, die auch das Original hat. Wenn das Original also voller Metaphern steckt, schreiben wir einen deutschen Text voller Metaphern; wenn das Original durch besonders kurze Sätze auffällt, übersetzen wir besonders kurze Sätze; wenn es ein lustiger Text ist, schreiben wir einen lustigen Text etc. Bei all dem muss man immer das Gesamtbild im Auge behalten – wir übersetzen nämlich nicht Wörter oder Sätze, sondern Texte. Oder, um es noch krasser und in den Worten Klaus Birkenhauers auszudrücken: „Ein Wort kann man fast nie übersetzen, einen Satz vielleicht, einen Text fast immer.“ Das bedeutet zum Beispiel: ein Wortspiel muss im Deutschen nicht genau da stehen, wo es im Original auch steht. Da Wortspiele sich sowieso oft nur schwer übertragen lassen, kann man ebenso gut hier eins weglassen und dafür anderswo eins einbauen – ich denke, so viel Freiheit darf, bzw. muss man sich sogar nehmen, damit der Gesamttext hinterher stimmt. Es tut dem Buch ja nicht gut, wenn ich irgendwas an den Haaren herbeiziehe, bloß weil an genau dieser Stelle im Original ein vielleicht sogar naheliegendes Wortspiel steht. Schwierig wird es an Stellen, wo man sich im Original auch nicht ganz sicher ist, wie sie wirken. Ich habe oft das Kitsch-Problem – ich bin einfach unsicher, ob etwas im Englischen genauso kitschig wirkt wie die wörtliche deutsche Übersetzung. Wenn es mir zu kitschig wird, oder mir sonst etwas einfach nicht passt (im Sinne des Gesamttexts), dann dimme ich es ein bisschen runter. Denn, und damit komme ich zu einem anderen Punkt: der Übersetzer muss nicht nur hinter den Autor zurücktreten und dessen Stil möglichst angemessen übertragen, sondern er muss dabei gleichzeitig sich selbst treu bleiben. Das ist etwas, was man schlecht direkt benennen kann; ich muss das Gefühl haben, dass ich, welchen Ton auch immer ich gerade anschlage, in meiner eigenen, ganz persönlichen Sprache spreche. Vor einiger Zeit hatte ich schon mal diesen Artikel verlinkt, in dem Tom Appleton fordert, er wolle in Übersetzungen viel mehr die Stimme des Übersetzers hören, die Übersetzer sollten sich nicht so hinter den Autoren verstecken. Sicher eine streitbare Forderung, aber eine sehr interessante. Es ist wohl immer eine Gratwanderung zwischen der Sprache des Autors und der des Übersetzers, und da muss jeder Übersetzer für sich den richtigen Weg finden. Das alles erfordert, dass man sich an den richtigen Stellen vom Original entfernt und nicht zu wörtlich übersetzt. Dafür braucht man ein bisschen Erfahrung und ein gewisses Selbstbewusstsein, das man sich auch erstmal erarbeiten muss. Na, ist noch jemand wach? Noch Fragen? Ich wär gerade in der Stimmung, eine anderthalbstündige Vorlesung daraus zu machen. ... Link (6 Kommentare) |
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Last modified: 06.06.24, 10:52 Status
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Kommentare
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren
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