Dienstag, 6. Oktober 2009
Is a book
isabo,
20:17
Siegfried Lenz: Landesbühne Der Roman beginnt so: „Schau dir das an, Professor“, sagte mein Zellengenosse, „komm her und schau dir das an.“ Er stand am vergitterten Fenster, ein kahlköpfiger Mann, der Ohrringe trug, und zeigte hinab auf den Gefängnishof, wo das Tor geöffnet wurde und ein blauer Bus erschien. Über die Länge des Busses hin stand in Blockbuchstaben LANDESBÜHNE, zwei stilisierte Masken versprachen geheimnisvolles, jedenfalls unterhaltsames Spiel. Ich kann sie mir genau vorstellen, die ältere Dame aus einem Kaff wie Grünau, die das „ganz charmant“ findet, ja, „frech“. Sie trägt eine dunkelblaue Steppweste und einen praktischen Kurzhaarschnitt. Wenn ihr die Vokabeln „Possenspiel“ und „Köpenickiade“ einfallen, fühlt sie sich richtig gebildet. Eine Truppe der Landesbühne kommt also ins Gefängnis, um ein Stück aufzuführen, und in der Pause entschwindet ein Grüppchen von Gefängnisinsassen im Landesbühnebus. Die Gefängnisinsassen sind allesamt keine unsympatischen Menschen, eher so nette Typen, charmante Kleingauner, der Professor beispielsweise, der Ich-Erzähler, sitzt deswegen, weil einige seiner Studentinnen ein sehr gutes Examen gemacht haben, nachdem sie vorher bei ihm übernachtet hatten. Das Grüppchen der Flüchtigen landet in dem Ort Grünau, in dem gerade das Nelkenfest gefeiert wird. Natürlich werden sie für das Ensemble der Landesbühne gehalten, Grünau freut sich und behält die Truppe gleich da. Unter anderem, um kurz mal eben eine Volkshochschule und ein Heimatmuseum aus dem Boden zu stampfen, die ratzfatz eingerichtet sind, noch bevor das Nelkenfest zu Ende geht. Und am Ende, ach je, ich erzähle keine Enden. Bestimmt ist das alles eine große Metapher, die ich nur nicht verstanden habe. Tantig und betulich auch dieses Buch, langweilig und noch dazu: überhaupt gar nicht gut geschrieben. Da gibt es Relativsätze im Relativsatz, es gibt Relativsätze, wo keine hingehören, es gibt sonderbare Wortkreationen („Innenseiter“ für Insider), falsche Bezüge, sperrige, unnötige Substantivierungen und Komplizierungen, umständliche Nebensatzkonstruktionen, da stimmt die Zeitenfolge nicht, und noch dazu ist es in einer Rechtschreibung geschrieben, die schon seit Jahren nicht mehr gilt. Kostprobe in Schülerprosa: Ich suchte und suchte, und als ich bereits glaubte, daß meine Befürchtung recht behalten würde, entdeckte ich Hannes im Sanitätsraum. Beim Wegräumen habe ich festgestellt, dass das tatsächlich das siebte Buch von Siegfried Lenz in unserem Regal ist. Sie stehen zwischen Harper Lee und Donna Leon. ... Link (1 Kommentar) |
Online for 8190 days
Last modified: 06.06.24, 10:52 Status
Sie sind nicht angemeldet
... Anmelden
Main Menu
... Antville.org
Suche
Calendar
Kommentare
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren
|