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Montag, 16. August 2010
Was ist die Kunst des Übersetzens?

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Inka Parei: Die Schattenboxerin

Der Roman beginnt so:
Sie ist meine Nachbarin. Seit Jahren leben wir im gleichen Stockwerk. Ab und zu stoßen wir gemeinsam unsere schweren Schlüssel in die Gründerzeittüren. Dann verschwinde ich in meinem Hausflur, einem langen, schmalen Schlauch, belegt mit gelbem Hanf, kaum einen Meter breit. Und sie in ihrem, mit den noch im Einheitsbraun der vierziger Jahre gestrichenen Dielen. Die Farbe ist scheußlich. Matt glänzend und kaum zu entfernen, ähnelt sie dem Kot, den die Schäferhunde hier aufs Pflaster werfen, wenn sie von ihren Besitzern mit rostfarbenen Fertigfutterklumpen ernährt werden.
Seit einer Woche ist es still im Seitenflügel des ehemals vornehmen jüdischen Mietshauses in der Lehniner Straße, den wir als einzige noch bewohnen, sie und ich.

Die Nachbarin mit dem Namen Dunkel ist plötzlich nicht mehr da. Die Erzählerin bricht aus reiner Neugier in ihre Wohnung ein, mal nachsehen, ob sich da ein Hinweis auf ihren Verbleib findet. Sie selbst lebt illegal in dem abbruchreifen Haus, Dunkel ist die letzte legale Mieterin.
Die Erzählerin selbst heißt Hell und ist „die Schattenboxerin“, denn sie betreibt eine asiatische Kampfsportart. Über diese kleine Albernheit kann man allerdings ganz gut hinwegsehen, zumal man sie eh nur aus dem Klappentext weiß, im Text selbst wird der Name erst spät und auch nur einmal genannt. Ob er stimmt oder ob er an der Stelle ein Scherz sein soll, ist nicht mal klar.
Plötzlich steht ein Mann in Dunkels Wohnung, der sie ebenfalls sucht. Und dann entwickelt sich eine veritable Räuberpistole von Geschichte, deren Eckdaten man leider ebenfalls nicht erst aus dem Buch erfährt, sondern schon im Klappentext serviert bekommen hat. Wie oft habe ich mir nun schon vorgenommen, keine Klappentexte zu lesen? Waah! Nützt es was, wenn ich hier nichts ausplaudere und Euch sage, „lest den Klappentext nicht“? Tut Ihr das dann wirklich nicht? Natürlich liest man den Klappentext, verdammte Axt! Wie mich sowas aufregt! Mann!
Lieber Schöffling-Verlag, da das Buch ja nicht mehr so ganz neu ist (1999), nehme ich an, Ihr habt den Klappentextschreiber inzwischen gefeuert, ja? Gut.

Wo war ich? Das ist nämlich ein tolles Buch. Vor allem, wenn man den Klappentext nicht gelesen hat. Sehr viel heruntergekommene Berlinstimmung um die Zeit des Mauerfalls, ohne dass der besonders thematisiert würde. Spannend zu lesen, dabei wird sehr ruhig erzählt, es spricht eine erstaunliche Gelassenheit aus der Erzählerin, zu der sie eigentlich keinen rechten Grund hat. Dicke Leseempfehlung, schon wieder!

Inka Parei bekommt einen Regalplatz zwischen Orhan Pamuk und Dorothy Parker.

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Last modified: 06.06.24, 10:52
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Kommentare
Anderthalbfache Unterstützung!
Christl Klein, vor 12 Jahren
Hm, Tempers Kommentar ist ja
schon von 2008 - ich schätze eher nicht, dass...
isabo, vor 13 Jahren
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
das ist ein hobby
von mir. antizyklisches kommentieren ;)
fabe, vor 13 Jahren
Das hier ist ja
schon eine Weile her. Hihi.
isabo, vor 13 Jahren
hier war ja neulich
stromausfall. menschen sind merkwürdig.
fabe, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
Oh, vielen Dank!
isabo, vor 14 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Der Verein lebe hoch, anderthalb
mal hoch Bin dabei.
Jolen, vor 14 Jahren
Da spricht mir wer aus
der Seele. Ich gebe mir auch schon seit Jahren...
Cuguron, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Meiner hat mir nur von
dem Smiley auf seiner Krone erzählt. Und ob ich...
strandfynd, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
das hier geht woanders
nicht besser, aber versuch macht kluch...
don papp, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Sie wissen aber schon,
dass das hier schöner ausschaut?
leavesleft, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
Jo. Dann.
isabo, vor 14 Jahren
Möchten Sie es wissen?
kinomu, vor 14 Jahren
alles gute und auf nach
drüben!
skizzenblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren

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