Freitag, 19. August 2005
Übersetzungskritik (Feuilletonschelte)
isabo,
16:11
Auf ReLÜ, der Online-Rezensionszeitschrift zur Literaturübersetzung, findet sich ein Interview mit Lothar Schröder von der Rheinischen Post zum Thema Literatur-/Übersetzungskritik, zu dem ich ein paar Anmerkungen loswerden möchte. Es geht darum, dass in der Literaturkritik so gut wie keine Übersetzungskritik stattfindet, ja oft nicht einmal erwähnt wird, dass und von wem ein Buch übersetzt wurde. Alle Zitate stammen von Schröder, der mit seiner Meinung aber keineswegs allein ist. „Raum [für Übersetzungskritik] gäbe es vielleicht, nicht aber die Bereitschaft eines Kritikers - wohlgemerkt bei aller fremdsprachlicher Kompetenz -, erst das Original und dann die Übersetzung zu lesen, um darüber vielleicht nur 50 bis 60 Zeilen zu schreiben. Das ist, sorry für das Wort: unökonomisch und einfach nicht zu leisten.“ „Zumindest bekommt der Leser mit, dass der Autor aus einem anderen Literatur- und Lebensumfeld stammt. Ob er sich für den Übersetzer interessiert, weiß ich nicht. Kann ich mir aber nicht so recht vorstellen. Und ob er sich für die Übersetzung selbst interessiert? Wahrscheinlich nur, wenn er glaubt, einen schlimmen Fehler entdeckt zu haben." „(Frage:) Wie gehen Sie selbst in Ihren Rezensionen mit Übersetzungen um? „(Frage:) Würden Sie für mehr Übersetzungskritik plädieren? Wo könnte dafür Raum sein? „Das ist ein Spezialthema für Leute mit wirklich sehr guten Fremdsprachenkenntnissen und für Experten.“ „Aus diesem Grund ist es ja auch sinnvoll und gelungen, die Übersetzungskritik ins Internet zu stellen. Dort wird sich bald die passende Leser-Gemeinde finden. Ein Print-Medium für Übersetzungskritik dürfte wegen der überschaubaren Auflage kaum bezahlbar sein. Damit will ich zum Schluss des Interviews und zum Start ihres Projekts eigentlich nur sagen: Sie haben alles richtig gemacht!“ PS: Es gibt übrigens auch Ausnahmen unter den Rezensenten, zum Beispiel Dieter E. Zimmer und Maike Albath. Die können das durchaus!
kelef,
21.08.05, 14:59
hier bedarf es keiner schelte, sondern vielmehr eines kräftigen trittes in die allerwertesten. und vielleicht noch der beistellung von jeweils 15 dag spatzenhirn, oder eines pferdes (wegen des grossen denk-kopfes), kostenlos natürlich. gerade wegen der übersetzung kam es ja manchmal dazu, dass bücher im ursprungsland (d.h., in der ursprungssprache) gar kein erfolg waren, dafür aber sehr wohl in der übersetzung/nachdichtung. und es ist ziemlich egal, was übersetzt wird. wenn der übersetzer nicht WIRKLICH gut ist, ist das ergebnis für die fische. und zum gut sein gehört auch eine profunde kenntnis der materie, ganz egal, ob es sich beim urpsprungstext um ein comic, ein kochrezept oder die gebrauchsanleitung einer küchenmaschine handelt. um so mehr gehört zur übersetzung von literatur. nicht nur die kenntins, sondern die beherrschung der betroffenen sprachen, der kulturen, des sprachgebrauchs, der geschichte, religionen und politik. und die melodie eines gedichtes wiedereinzufangen mit anderen worten, ach herrjeh ... aber wem sag ich das. und warum wohl werden viele werke immer wieder neu übersetzt, und warum werden dann die übersetzungen verglichen, aktualisiert, etc.? zu ihrem trost vielleicht: spoerl meinte schon in seiner "feuerzangenbowle" es komme öfter vor, dass die kopie besser gefiele als das original, und torberg in der "tante jolesch", zur herstellung von salzburger nockerln brauche man nicht nur das genaue rezept, sondern auch ein paar hundert jahre monarchie. ... Link
isabo,
21.08.05, 22:39
Ich glaube, den Kritikern ist eigentlich schon bewusst, was alles zum Übersetzen gehört und wie wichtig eine gute Übersetzung ist. Trotzdem denken sie beim Rezensionenschreiben einfach nicht dran, das zu erwähnen. Was nicht ganz logisch ist. Offensichtlich ist es so selbstverständlich, dass ein Buch übersetzt ist, dass niemand mehr darüber nachdenkt, selbst die nicht, die das von Berufs wegen müssten. Und das ist das Ärgerliche. Und sich dann auf "ach, das interessiert die Leser sowieso nicht" zurückzuziehen, ist billig. Dass manche Bücher mehrfach übersetzt werden (eigentlich nur die großen Klassiker), muss nicht daran liegen, dass eine Übersetzung "schlecht" ist. Manchmal ist sie einfach nicht mehr zeitgemäß - es gibt auch beim Übersetzen sowas wie "Modeerscheinungen", bzw. ändern sich Dinge einfach. Vor 50 Jahren hätte man Croissant vielleicht noch mit Blätterteighörnchen übersetzt, das ist heute nicht mehr nötig, weil jeder weiß, was ein Croissant ist. Mum und Dad werden heute nicht mehr zu Mama und Papa, sondern bleiben auf Englisch stehen, ebenso die Dienstgrade von Polizisten, Agenten etc., ich nehme an, das war nicht schon immer so. Und so weiter. Man hat früher versucht, dem Leser möglichst weit entgegenzukommen, heute lässt man eher ein bisschen was Fremdes stehen. Eine Neuübersetzung muss also keine grundsätzliche Kritik an bereits erschienen Übersetzungen darstellen. ... Link |
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Last modified: 06.06.24, 10:52 Status
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Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren
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