Mittwoch, 11. Januar 2006
Hogmanay 2006
isabo,
11:16
In Kirriemuir halten wir kurz, gehen eine Runde durchs Dorf, an dem Haus vorbei, in dem der lustige Mann mal fast ein Jahr lang gewohnt hat, trinken einen Kaffee bei Visocchis und kaufen noch ein paar Kleinigkeiten im Supermarkt, bevor wir den Anstieg wagen. Hoch ins Tal, nach Glen Prosen, es schneit, und es liegt schon eine Menge Schnee, und dunkel wird es auch langsam. Der Mietwagen schafft es, sogar die steile, glatte Stelle kurz hinter der Brücke, das dürfte das schwierigste Stück gewesen sein. Hier und da liegt ein kleines Cottage, sonst ist nichts zu sehen, nicht mal Schafe. Alles ist weiß. Nach etwa 12 Meilen kommen wir durch Prosen Village – sechs oder acht Häuser, eine Kapelle, eine Telefonzelle. Dahinter verkündet ein Schild „Private Road – to Balnaboth House only“. Dann sind es nur noch zwei Meilen durch den Wald, und schließlich biegen wir am Waldrand um die Kurve unten an der Front Lawn, auf der in viktorianischer Zeit Tennis gespielt wurde, und oben liegt Balnaboth: riesig, gelb, mit bröckelndem Putz und wild blinkendem Weihnachtsbaum vor der Tür. Wir versuchen gar nicht erst, vorne zu klingeln, sondern gehen gleich zum Hintereingang, zur Küche, wo sich das Leben abspielt. Hector ist da, und zwei der fünf Kinder auf Weihnachtsbesuch, ein neuer Hund will begrüßt werden, und dann steckt Jeannie den Kopf zur Küchentür rein und fragt: „Germans?“ Alle freuen sich, und wir am meisten – wir sind zu Hause, irgendwie, obwohl wir viel zu selten herkommen. Man ist hier weit weg von allem. Einen Tag fahren wir nach Dundee, um den ehemaligen Mitbewohner des Gatten zu besuchen, Großstadt! Aber ansonsten: Stille, lange Gespräche, Spaziergänge, Hot Tub. Kein Handyempfang, kein Fernsehempfang. Frieren, aber das macht ausnahmsweise mal nichts, das weiß man ja vorher und irgendwie ist es hier nicht so schlimm. Jetzt ist dieser Text schon so ellenlang geworden, und ich habe immer noch nicht rübergebracht, wie wunderbar das alles ist. Was für großartige Menschen Jeannie und Hector sind, gastfreundlich, liebevoll, offen, klug, charmant. Was für ein Haus das ist, Teile davon möglicherweise aus dem 16. Jahrhundert, vollgestopft bis unters Dach mit Möbeln, die wahrscheinlich Hectors Urgroßvater mal angeschafft hat, und die jetzt zu einem Teil tolle Antiquitäten sind und zum anderen Teil ein Haufen Sperrmüll. Und mit Büchern und Krimskrams und Gerümpel. Und ausgestopften Tieren natürlich, und Geweihen an den Wänden, denen zu Weihnachten eine Christbaumkugel aus dem Augenloch hängt. Und Plüschtieren, die Weihnachtslieder singen und dabei mit den Armen winken und einer Radio Controlled Fart Box und Dinosaurierfußhausschuhen, die beim Auftreten ein Dinosauriergeräusch machen. Als wir das letzte Mal da waren, vor drei Jahren, planten sie, sich weiter unten im Tal ein kleines Häuschen zu bauen, jetzt wo die Kinder alle aus dem Haus sind, sei es doch albern, zu zweit in diesem Riesenkasten zu wohnen. Ach, weißt du, sagten sie, als ich diesmal danach fragte, was wir immer so alles planen … Ich bin froh, dass sie es nicht getan haben. Jeannie und Hector müssen in Balnaboth sein, das gehört einfach so.
chick,
11.01.06, 18:48
Das hast Du sehr schön beschrieben, Frau isabo. Wollte ich nur mal sagen. ... Link
henricat,
11.01.06, 19:57
hatten sie auch diese alten drucke an den wänden mit den lustigen jagdszenen, hatten sie, hatten sie? ... Link
isabo,
11.01.06, 21:07
Selbstverständlich! In den repräsentativen Räumen auch ein paar Originale - Landschaften, Jagdszenen. ... Link |
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Last modified: 06.06.24, 10:52 Status
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Kommentare
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren
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