Sonntag, 16. April 2006
Warum ich recherchieren muss, Teil 2
isabo,
23:30
(Teil 1) Jerusalem, Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein älterer Mann, der gerne ein Gelehrter wäre, dafür aber nicht klug genug ist, spricht einen jüngeren Mann (einen wirklichen Gelehrten) an, ob er nicht seine Tochter heiraten wolle. Der jüngere Mann geht also am folgenden Tag zu dem älteren nach Hause, um die Sache festzumachen; die Tochter darf er dabei theoretisch nicht sehen. Der zukünftige Schwiegervater weist seine Tochter aber an, wenn sie den jungen Mann kommen hört, hinaus zu gehen und Wasser vom Brunnen zu holen, und dann wieder hereinzukommen, sodass die beiden einander zufällig begegnen. Denn erstens sei eine Frau mit einem Krug Wasser im Arm immer ein romantischer Anblick, zweitens könne er dann eine launige Bemerkung darüber machen, wie Jakob und Rebekka einander am Brunnen begegnen. So steht es geschrieben in meinem Buch. Kann ich so übersetzen, fertig. Tu ich aber nicht, sondern ich suche die Bibelstelle. Und siehe: Rebekka ist Jakobs Mutter. Am Brunnen begegnen sich Jakob und Rahel und verlieben sich unsterblich und für den Rest ihres Lebens ineinander. Was lernen wir daraus? In meiner Übersetzung steht jetzt genau das, was da auch stünde, wenn ich die Bibelstelle gar nicht erst gesucht hätte. Aber so fühlt es sich deutlich besser an. Ich stelle mir immer vor, dass eines Tages jemand kommt und sagt: hömma, war doch gar nicht Rebekka, war doch Rahel! Dann kann ich guten Gewissens sagen: Weiß ich, aber Isaak R. ist halt ein Trottel, das hat er verwechselt. Und muss nicht im Boden versinken. Der überwiegende Teil der Leser wird allerdings gar nicht merken, dass da ein Fehler steckt. Wir lernen also daraus, dass die Autorin ziemlich subtil arbeitet, was die Sache einerseits richtig interessant macht, und mich andererseits fürchten lässt, dass ich das ein oder andere übersehen könnte.
mutant,
16.04.06, 23:33
hehe, imbecile ist ein gutes wort. ... Link |
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Last modified: 06.06.24, 10:52 Status
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Kommentare
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren
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