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Donnerstag, 7. September 2006
Übersetzen und Tanzen. Einigermaßen wirre Ideen.

Wenn man so will, ist Tanzen ist ja auch eine Art Übersetzen; man hört eine Sprache, die Musik, und übersetzt sie in Bewegung. Und Übersetzen (überhaupt: Schreiben) hat immer mit Rhythmus zu tun – am offensichtlichsten bei Lyrik, aber auch bei allen anderen Textensorten. Viele Lyrikübersetzer gehen auf und ab, um in den Rhythmus zu kommen; das geht, weil sie weniger tippen und mehr denken müssen.
Kollegin M., die mich mit dem Steppvirus angesteckt hat, und die damals sagte „Übersetzen und Tanzen gehören einfach zusammen“, was mir sofort eingeleuchtet hat, hat mit Thomas, unserem Stepplehrer, gesprochen; auch er war spontan überzeugt von der Idee, irgendwas daraus zu machen. Einen Tanz-/Stepp-/Rhythmusworkshop für Übersetzer oder so was, vielleicht auch für Autoren. Man müsste es irgendwie so formulieren, dass es nicht so esoterisch klingt („Tanzt mal die Farbe grün“).
Aber wo genau ist die Schnittstelle? Was wäre der Unterschied zu einem ganz normalen Tanzworkshop, wie ließe es sich speziell auf Übersetzer zuschneiden? Wäre toll, wenn man auf Text statt auf Musik tanzen könnte, ob das geht? Oder was dazwischen, Sprechgesang? Sehr rhythmisch vorgetragene Gedichte? Oder gar: Prosa? Ist der Rhythmus da evident genug, um darauf tanzen zu können?
Und dann? Es gäbe wohl keine unmittelbare Anwendungsmöglichkeit für das, was wir da tun würden. Niemand würde anfangen, seine eigenen Texte zu tanzen, wär ja auch irgendwie albern. Man muss es sacken lassen, ein Gespür für Rhythmus entwickeln. Thomas sagte mal, man dürfe beim Steppen (v.a. beim Improvisieren, was ich natürlich noch lange nicht tue) nicht nachdenken, sondern müsse "aus dem Rückenmark heraus" tanzen. Und ich glaube, das ist beim Übersetzen auch so. Beim Überarbeiten muss man den Kopf dann natürlich wieder einschalten, aber erstmal muss es aus dem Rückenmark oder woher auch immer kommen. Beim Tanzen geht es mir im Moment noch umgekehrt, was auch toll ist: ich muss mich so konzentrieren, dass ich gar nicht mehr an all die anderen Dinge denken kann, die mich beschäftigen. Und das hilft mir dann auch wieder bei der Arbeit, dass ich mein Hirn zwischendurch einfach mal leerpuste.
Wir werden die Idee weiter ventilieren, ich bin sehr gespannt, was dabei rauskommt.
(Und irgendwann werde ich vielleicht auch wieder kohärenter.)

kleist getanzt wäre dann wohl break-dance; einen text zum tanzen hat er ja auch mal geschrieben. (schade übrigens, dass wir nicht dazu gekommen sind, uns auf dem blogmich etwas länger zu unterhalten; mir steckte noch der vorabend in den knochen, was mich ein wenig träg machte)

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Ja, fand ich auch schade, aber lässt sich ja bestimmt nachholen. Nächstes Jahr in Hamburg. Oder so.

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Ha! Ich weiß schon, was dann als nächstes kommt: Blogtanzungen :)

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Jaja, so hab ich mir das gedacht: macht Euch nur lustig.

(Frau Klugscheißer, würdest Du den Bloggertanzworkshop übernehmen? Du kannst sowas doch.)

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Ich dachte auch gleich an Breck Dance. Aber auch Eurythmie. Da tanzt man Buchstaben, jedenfalls bei Heileurythmie.

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Weia. Zwar habe ich nur eine sehr nebulöse Vorstellung davon, was Eurythmie ist, aber ich glaube, genau das soll's nicht sein.
Buchstaben tanzen, yeah! YMCA!

Eher was Perkussives, Steppen eben, Body Percussion, sowas. Trommeln wär bestimmt auch nicht schlecht.

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Bloggertanzworkshop? Sowas wie sehen statt hören?

[Ich guck jetzt schon zum dritten Mal dieses Filmchen. DAS ist die Schnittstelle zwischen Improvisation in Jazz und Tanz. Und ganz nebenbei denke ich seit Wochen über diese Idee nach, wie man mehrere Kunstformen verknüpfen könnte, um so dem ultimativen Ausdruck nahezukommen. Immerhin ist das erklärtes Ziel einer jeden Kunstform. Nur, warum muss jede alleine stehen?...]

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Genau, perkussive Tänze liegen ja immer an der Schnittstelle zwischen Tanz und Musik. Anders gesagt: Steppschuhe sind auch ein Musikinstrument. ("Spielst Du ein Instrument?" - "Ja, Schuhe.")
Und es gab ja auch immer mal wieder Versuche wie Vertonungen von Gemälden, Mussorgskis Bilder einer Ausstellung etwa, oder "Happy-Birthday"-dudelnde Glückwunschkarten, haha.

So hehre Ziele wie den "ultimativen Ausdruck" habe ich ja gar nicht - mir fällt nur gelegentlich auf, dass es bestimmte Parallelen gibt, und denke darüber nach, ob man sie nutzen könnte; wie das Übersetzen möglicherweise durchs Tanzen befruchtet werden kann.

Der Bloggertanzworkshop ginge wohl eher Richtung Rumhampeln statt Tastenklappern. Was beim Blogmich schon teilweise zu beobachten war.

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erstes sonett

am reim erkennt man oft die zeile
auch an der wörter gleichen eile
am silbenschlag, der wie der takt
des drummers jene dichter packt
die nie beim jazz in ruhe bleiben
sondern es mit den beinen treiben
den füßen, die den boden schlagen
als könnten sie es nicht ertragen
baß, drums, trompeten, saxophonen
ohne bewegung beizuwohnen.
wir sind vom selben holz gemacht
ihr schlagt und heult, und in uns kracht
ohrenbetäubend tag und nacht
donner der sprache, heult und lacht.

ernst jandl

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Woah, danke, das ist toll! Passt ja perfekt.

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Last modified: 06.06.24, 10:52
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Kommentare
Anderthalbfache Unterstützung!
Christl Klein, vor 12 Jahren
Hm, Tempers Kommentar ist ja
schon von 2008 - ich schätze eher nicht, dass...
isabo, vor 13 Jahren
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
das ist ein hobby
von mir. antizyklisches kommentieren ;)
fabe, vor 13 Jahren
Das hier ist ja
schon eine Weile her. Hihi.
isabo, vor 13 Jahren
hier war ja neulich
stromausfall. menschen sind merkwürdig.
fabe, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
Oh, vielen Dank!
isabo, vor 14 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Der Verein lebe hoch, anderthalb
mal hoch Bin dabei.
Jolen, vor 14 Jahren
Da spricht mir wer aus
der Seele. Ich gebe mir auch schon seit Jahren...
Cuguron, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Meiner hat mir nur von
dem Smiley auf seiner Krone erzählt. Und ob ich...
strandfynd, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
das hier geht woanders
nicht besser, aber versuch macht kluch...
don papp, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Sie wissen aber schon,
dass das hier schöner ausschaut?
leavesleft, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
Jo. Dann.
isabo, vor 14 Jahren
Möchten Sie es wissen?
kinomu, vor 14 Jahren
alles gute und auf nach
drüben!
skizzenblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren

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