Fit und Well (4): Chinesische Massage
- Oieau-massaj-tag?
- Guten Tag, isabo hier, ich würde gern einen Massagetermin ausmachen.
- Bann?
- Ich bin ziemlich flexibel, wann …
- Oide?
- Heute? Äh, ja, warum nicht, gerne.
- Bann?
- Wann - äh, fünfzehn Uhr?
- Bessa fiase?
- Okay, vierzehn Uhr. Bis gleich. Als ich ankomme, strahlt die chinesische Masseurin mich an, ruft freudig „Ha-o!“ und führt mich in den Massageraum. „A-es auzieh, nur ni wunahos, Bau lege“, weist sie mich an und verschwindet. Ich versuche es mit: alles ausziehen, nur nicht Unterhose, Socken und Uhr, und auf den Bauch legen. Fast richtig; Socken und Uhr hätten auch ausgemusst.
Sie wickelt mich erstmal von Kopf bis Fuß in Handtücher ein und massiert mich sanft ein bisschen durch die Handtücher durch, Nacken, Rücken, Po, Beine, Füße. „Deutse so swee-a!“ verkündet sie dabei, mehrfach, ja, denke ich, das höre ich, dass Deutsch schwer ist, Sprache schwer, Aussprache schwer. Sie nimmt das Handtuch von meinem Rücken, legt mir ein anderes über den Hinterkopf und reibt mir den Rücken mit Öl ein. Und massiert. Und knetet. Ihre Hände sind plötzlich aus Stahlbeton, meine Nackenmuskulatur leider auch, vor allem rechts, der Mausarm, und Stahlbeton auf Stahlbeton ist nicht so richtig angenehm, aua, aua, aua. „Deutse so swee-a!“- ruft sie. Das hält sie allerdings nicht davon ab, sehr viel zu sprechen, „immer dea und das, so swee-a“, erklärt sie, „ja“, sage ich, auch nur noch in Wörtern sprechend, statt in Sätzen, „die Artikel, sehr schwer“. Ich glaube, sie erzählt mir, was sie gestern in der Schule Schweres besprochen haben, „so swee-a, Zeht!“ – „Zeht?“, frage ich? „Zeht!“, ruft sie und probiert dann ein bisschen mit Vokalen und Erklärungen herum: „Zehte! Ze-ute? Kan-pin!“ ("Kambun" denke ich, so heißt auf Japanisch die klassische chinesische Schrift und Literatur, aber mein Japanisch hilft mir leider gerade kein bisschen), „Zette!“ –„Zettel?“, frage ich hoffnungsfroh, „Zeite!“, ruft sie, und endlich verstehe ich: „Die Zeiten! Ja, die sind auch sehr schwer im Deutschen! Verben! Haha, ja, die Zeiten!“ Sie amüsiert sich prächtig, „nein“, lacht sie, „ja, au so swee-a“, aber was sie meint, ist doch „Ze-te, Kan-pin-praße!“ Irgendwann verstehe ich. Zelten. Campingplatz. Wir sind beide total erleichtert, Zelten! Haha, ja! Campingplatz! Zelten, klar! So schwer!
Derweil hat sie den ersten Liter Öl in meinen Rücken massiert, und ich habe mehrfach gestöhnt, „tu weh?“, fragt sie dann und lacht und tut mir noch mehr weh. „Swei Tage Muskakata“, kündigt sie an, na meinetwegen, immer her damit, aua. Rechte Rückenhälfte, linke Rückenhälfte, plötzlich klettert sie auf die Liege und hockt sich auf mich, knetet weiter, dann wieder runter. Sie geht an meinen Hals, da bin ich empfindlich, ich kriege Gänsehaut und sage „uh, da kriege ich Gänsehaut“ - „was?“, fragt sie, „tu weh?“ - „nein“, sage ich, „aber das läuft mir durch den ganzen Körper“, woraufhin sie sich gar nicht mehr einkriegen will vor Lachen. „Das gut“, sagt sie, „löft ganse Köpa, hahaha.“ Sie arbeitet sich meinen Rücken hinunter, an manchen Stellen tut es höllisch weh, sie massiert mir den Po, „ni gut, imma sitze“, diagnostiziert sie, „ni gut füa Lücke, ni gut füa Po“, dann deckt sie meinen Rücken mit einem Handtuch zu und arbeitet sich weiter meine Beine hinunter, der nächste Liter Öl wird eingeknetet, ich fühle mich wie Kuchenteig (Quark-Öl-Teig). Schließlich die Füße, Gott, ist das wundervoll. Und sie ist deutlich stiller geworden. Nachdem sie mit meinen Füßen fertig ist, kommt sie wieder an meinen Kopf, dreht mir die Arme auf den Rücken, erst den einen, dann den anderen, drückt einmal drauf, „tu weh?“, ja, sehr, fasst mir unters Schulterblatt, dahin, wo es noch mehr weh tut, massiert mir dann den Arm und die Hand, dann die andere Seite. Und wieder an die schlimme Stelle, die rechte Schulter, ich stöhne auf, „tu weh?“, fragt sie und geht weg. Es rumpelt und pumpelt vor der Tür herum, dann höre ich sie wieder reinkommen, ich sehe sie nicht, ich gucke ja die ganze Zeit durch das Loch im Tisch auf den Boden, wo ich außer dem Parkett nur manchmal ihre sonderbaren Hausschlappen sehe, so eine Art mit Teddybärfell bezogene Gesundheitslatschen in billig, aber herrje, wer wird noch was über Asiaten und ihre Hausschlappen sagen wollen. Ohne jede Vorwarnung legt sie mir ein knallheißes, nasses Handtuch auf den Rücken, dann noch eins und noch eins. „Hei?“, fragt sie, „nee, super“, sage ich, sie packt auch meine Arme darin ein, ich weiß nicht, wie viele heiße, nasse Handtücher sie auf mir stapelt, wunderbar, „swee-a?“, fragt sie, „nee, super“, sage ich. Dann knetet sie mir wieder die Beine. „Tu weh?“ Ich habe jedes Zeitgefühl verloren, eine Stunde soll es insgesamt gehen, wie viel Zeit mag vergangen sein? Kann das bitte nie aufhören? Sie ist wahrhaftig nicht zimperlich, plötzlich tun mir sogar die Beine weh, obwohl ich da nie was hatte, aber wenn man fest genug knetet, tut irgendwann alles weh. Aua. Weitermachen. Sie schlägt mir auch die Beine in knallheiße Tücher ein, woah. Plötzlich kniet sie auf mir, drückt mir durch die heißen Handtücher die Knie in den Rücken, aua, ist. das. großartig.
Alles hat ein Ende. Sie packt mich aus den heißen Handtüchern aus und befiehlt „um-deh“. Ich drehe mich um, dafür muss ich mich ein bisschen mit den Armen abstützen, nicht zu fassen, ich habe den Muskelkater jetzt schon, meine Schultern schmerzen, unglaublich. „Tu weh?", fragt sie und prognostiziert „swei Tage Muskakata“. Is recht. Für die Gesichtsmassage zum Schluss ist leider kaum noch Zeit, halbe Minute vielleicht, schade.
Ich bin fix und fertig.
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(14 Kommentare)
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Online for 8193 days
Last modified: 06.06.24, 10:52
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Hm, Tempers Kommentar ist ja
schon von 2008 - ich schätze eher nicht, dass...
isabo, vor 13 Jahren
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 13 Jahren
das ist ein hobby
von mir. antizyklisches kommentieren ;)
fabe, vor 13 Jahren
Das hier ist ja
schon eine Weile her. Hihi.
isabo, vor 13 Jahren
hier war ja neulich
stromausfall. menschen sind merkwürdig.
fabe, vor 13 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 13 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
Oh, vielen Dank!
isabo, vor 14 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 14 Jahren
Der Verein lebe hoch, anderthalb
mal hoch Bin dabei.
Jolen, vor 14 Jahren
Da spricht mir wer aus
der Seele. Ich gebe mir auch schon seit Jahren...
Cuguron, vor 14 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 14 Jahren
Meiner hat mir nur von
dem Smiley auf seiner Krone erzählt. Und ob ich...
strandfynd, vor 14 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
das hier geht woanders
nicht besser, aber versuch macht kluch...
don papp, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Sie wissen aber schon,
dass das hier schöner ausschaut?
leavesleft, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
Jo. Dann.
isabo, vor 14 Jahren
Möchten Sie es wissen?
kinomu, vor 14 Jahren
alles gute und auf nach
drüben!
skizzenblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!!
(aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren
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