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Mittwoch, 16. Juni 2010
Fit und Well (15): Punk

Wissen, Halbwissen und Vorurteile über Punker:
Punker sehen komisch aus. Sie haben knallbunt gefärbte Haare in albernen Stachelfrisuren. Der Dresscode ist kompliziert: viel schwarz, viele Nieten und Ketten und sonstiges Metall an Klamotten und Körper. Außer schwarz ist auch rotes Schottenkaro erlaubt, ansonsten eher keine Farben, nichts Helles. Höchstens noch schwarzweiß kariert, aber auf eine bestimmte Weise. Punker lungern an stadtbekannten Herumlungerplätzen herum, haben Hunde und Ratten dabei und schnorren. Sie trinken Bier. Drogen weiß ich nicht. Die meisten pöbeln weniger als man (=ich) so denkt, manche schnorren geradezu höflich. Sie sind für Anarchie und Chaos, gegen Regeln und Spießigkeit und überhaupt dagegen, und vor allem gegen Nazis. Ich habe immer ein bisschen Angst, dass sie aggressiv sind. Ihre Musik ist schnell, laut und hart, und statt Gesang wird geschrien. Man könnte also meinen, mit dem Ende der Pubertät wäre auch der Punk zu Ende, aber so ist das nicht. Punx not dead, man kann auch erwachsen und Punk sein. Hier endet mein Punkerwissen.

Was ich über Punker nicht wusste:
Sie treffen sich montags im Hafenklang zum Pingpongspielen. Rundlauf, wie früher in der Jugendherberge. Die versammelten Punker sehen aus … ich will nicht sagen wie Versicherungsvertreter, aber wenn man bedenkt, was ich erwartet hatte, wirken sie zum großen Teil doch wie brave Angestellte, die abends halt Jeans und ein Pauli-Shirt tragen. Weit und breit keine bunten Haare. Im Gegenteil, es sind Dreadlocks und artige Halbglatzen da. Ich trage übrigens auch nicht das, was ich sonst so trage, sondern ebenfalls Jeans und T-Shirt und bilde mir ein, überhaupt nicht aufzufallen: ich, Isabo, bürgerlich bis ins Mark, falle unter all den Punks nicht auf.
Die Musik hingegen ist genau so, wie ich sie erwartet habe. Laut, schnell, aggressiv, wir werden zwei Stunden am Stück angeschrien, wir sollen uns ficken. Also, jeder sich selbst, nicht einander. Gut, kann man machen, de gustibus est sowieso non disputandum. Über Tischtennisregeln est auch non disputandum, alle kennen sie und halten sich dran, alle wandern total entspannt um die Pingpongplatte herum, und wer einen Fehler macht, fliegt raus. Ich zum Beispiel. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt Tischtennis gespielt habe, es muss viele Jahre her sein, natürlich haue ich dauernd daneben. Und „wieder reinkommen“ klappt natürlich auch nicht, wenn man immer gleich beim ersten Ballkontakt rausfliegt und dann wieder bis zur nächsten Runde warten muss. Ich kenne die Regeln nicht mal, an die die Punks sich so akribisch halten, und werde freundlich lächelnd darauf hingewiesen, dass man die Angabe wiederholen muss, wenn der Ball beim ersten Mal das Netz berührt. Manchmal schaffe ich einige Runden, einmal bin ich sogar unter den letzten vier. Ins Endspiel kommen immer dieselben paar Leute. Manche sind sehr cool und routiniert, Zigarette im Mundwinkel, Bier in einer Hand, Tischtennisschläger in der anderen.
Einmal fliegt der Ball quer durch die Kneipe, springt hierhin und dorthin, fällt dem, der ihn schon hatte, wieder aus der Hand, verschwindet irgendwohin, und als er endlich wieder da ist, weiß niemand mehr, wer eigentlich Aufschlag hatte. Die beiden, die sich gerade an der Platte gegenüberstehen, knobeln das mit Schnick-Schnack-Schnuck aus, und plötzlich finde ich das „Fuck you“-Geschrei aus den Boxen – ich bitte um Entschuldigung – irgendwie niedlich.

Der Unterschied zur Klassenfahrt: Napalm Death ist krawalliger als Duran Duran, das Tischtennisspiel hingegen ist sehr viel entspannter und freundlicher. Und als es auf Klassenfahrten nach Kräutern roch, spielten wir nicht mehr Tischtennis.

Bilder: Lady Grey

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Last modified: 09.12.13, 22:30
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Kommentare
Anderthalbfache Unterstützung!
Christl Klein, vor 11 Jahren
Hm, Tempers Kommentar ist ja
schon von 2008 - ich schätze eher nicht, dass...
isabo, vor 12 Jahren
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 12 Jahren
das ist ein hobby
von mir. antizyklisches kommentieren ;)
fabe, vor 12 Jahren
Das hier ist ja
schon eine Weile her. Hihi.
isabo, vor 12 Jahren
hier war ja neulich
stromausfall. menschen sind merkwürdig.
fabe, vor 12 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 12 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
Oh, vielen Dank!
isabo, vor 13 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 13 Jahren
Der Verein lebe hoch, anderthalb
mal hoch Bin dabei.
Jolen, vor 13 Jahren
Da spricht mir wer aus
der Seele. Ich gebe mir auch schon seit Jahren...
Cuguron, vor 13 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 13 Jahren
Meiner hat mir nur von
dem Smiley auf seiner Krone erzählt. Und ob ich...
strandfynd, vor 13 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
das hier geht woanders
nicht besser, aber versuch macht kluch...
don papp, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Sie wissen aber schon,
dass das hier schöner ausschaut?
leavesleft, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
Jo. Dann.
isabo, vor 14 Jahren
Möchten Sie es wissen?
kinomu, vor 14 Jahren
alles gute und auf nach
drüben!
skizzenblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren

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