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Samstag, 24. April 2010
Oh, gestern war ja Welttag des Buches.

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Freitag, 23. April 2010
Fit und Well (12): Jetzt schreckt sie vor nichts mehr zurück

Ich war auf der Lebensfreudemesse und bin stundenlang auf Siebenmeilenstiefeln durch Hamburg gestakst. Was soll mich noch erschrecken? Welche crazy Funsportart kann da noch kommen? Gibt es etwas, das noch extremer ist? Meine Leser wollen doch immer mehr, immer Krasseres, immer Verrückteres!
Man hat mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ausschlagen konnte. Etwas, das auf eine ganze spezielle Weise etwas ganz Spezielles werden würde, das war mir klar. Ich hatte grauenhafte Geschichten gehört, wirklich schrecklich. Aber ich wollte es tun, aus Liebe, und um mich in eine Extremsituation zu begeben. Der Nervenkitzel, Sie wissen schon.
Und so war ich heute morgen – Regie! Kann ich bitte einen Ton haben? Eine adäquate Spannungsuntermalung, so einen sehr tiefen Bass, rhythmisch, vielleicht so ähnlich wie Herzschlag? Padum-padum-padum, so was? Vielleicht langsam beschleunigend? Danke!
Also, heute morgen – padum – padum – padum – war ich – padum-padum-padum – beim – padumpadumpadum – tief Luft holen – Babyschwimmen. Es gibt diese Sportart für verschiedene Altersgruppen, ich habe die Gruppe „ungefähr ein halbes Jahr“ ausprobiert. Wer kein eigenes Sportgerät besitzt, muss sich eines ausleihen, das der jeweiligen Altersgruppe entspricht, es dürfte ja nicht weiter schwierig sein, so eines zu finden. Das Gerät, das ich mir ausgeliehen habe, heißt Johann, ist sieben Monate alt und sehr aktiv. Er kann schon krabbeln und versucht das auch im Wasser. Pausenlos. Man muss ihn die ganze Zeit mit zwei Händen festhalten, sonst geht er unter.
Es sind sieben Mütter mit Kindern da – also, sechs Mütter, eine Patentante, die dazugehörige Mutter läuft voll angezogen ums Becken herum und macht Fotos. Wir stellen uns im Kreis auf und singen ein klitzekleines Lied, das ungefähr zehn Sekunden dauert: Ha-ha-ha, wir sind heut alle da. Oder so ähnlich. Dann stellen wir uns alle vor, alle Mütter und Patentanten sagen, wie sie heißen und wie ihre Sportgeräte heißen. Um dann – wie lange eigentlich? Eine halbe oder Dreiviertelstunde, schätze ich, mit dem jeweiligen Kind herumzuplantschen. Es liegen drei unterschiedlich feste Matten im Wasser, auf die man die Kinder legen kann, meins fängt auf jeder Matte sofort an voranzurobben und rutscht dann natürlich, platsch, mit dem Kopf zuerst ins Wasser. Ein paar Mal taucht er kurz unter, das scheint ihm aber nichts auszumachen. Ich fische ihn wieder raus, er strahlt, hustet, und gelegentlich bäuert er einen Schwall Chlor wieder hoch. Die Kursleiterin kommt zu mir und sagt, dass ich diesen einen Handgriff schon ganz toll mache, äh – welchen Handgriff? Sie zeigt mir noch mal, was ich gemacht habe, und dass das richtig war, und ich überlege kurz, ob man das Kind auch irgendwie anders und falscher hätte anfassen können, nun ja. Überhaupt ist mir nicht ganz klar, was jetzt hier der „Kurs“ ist. Die drei Matten, die da rumschwimmen? Dass man sich vorher vorstellt? Dass man am Anfang und am Ende ein Liedchen singt? Mir kommt es vor, als könne man die ganze Sache ebenso gut allein mit dem Kind im Schwimmbad machen. Aber ich versteh ja auch nichts davon. Wohl verstehe ich etwas vom Terminehaben, ich tu ja auch nix, wenn ich keinen Termin habe, in sofern hat so ein Babyschwimmkurs sicher seinen Sinn. Aber insgesamt bin ich doch enttäuscht. Ich hatte mir etwas Spektakuläreres vorgestellt, ich wollte peinliche Lieder singen, peinliche Spielchen spielen und mich überhaupt gehörig zum Obst machen. Hat nicht geklappt.
Das quietschvergnügte Kind jedenfalls würde ich jederzeit wieder mit ins Wasser nehmen, es hatte Spaß, und ich auch, es hat gelacht und in Plastikfische und ins Wasser gebissen und wollte am liebsten ganz allein schwimmen, es war sehr beschäftigt und hat richtig gearbeitet. Und hinterher waren wir beide erschöpft und glücklich und hatten Hunger.

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Mittwoch, 21. April 2010
Is a book

Jakob Hein: Herr Jensen steigt aus

Der Roman beginnt so:
Der Brief in seiner Hand war wie üblich nicht für ihn. Herr Jensen strich mit dem Umschlag knapp unterhalb der Schlitze über die Türen der Briefkästen, so dass sich das vordere Drittel des Umschlags an die Metallgehäuse drückte. An jeder Lücke zwischen zwei Kästen gab es einen kleinen Sprung, und das Adressfeld schien vor seinen Augen leicht zu tanzen.

Herr Jensen hat nie etwas besonders gut gekonnt, und vor allem nie etwas wirklich gewollt. Und so bricht er das Studium ab und arbeitet weiter bei der Post, wo er schon als Schüler und als Student gejobbt hat. Aber dann wird er entlassen, ist arbeitslos und wird erst wunderlich, dann verrückt und schließlich paranoid. Und das ist genauso öde, wie es klingt. Weiter passiert nichts, es kommt keine Überraschung, es ist inhaltlich total vorhersehbar und weder sprachlich noch erzähltechnisch irgendwie besonders. Das ganze Buch ist durch und durch schnarch.
Ich nehme an, es handelt sich um eine so genannte Satire. Desweiteren nehme ich an, dass einem „das Lachen im Halse steckenbleiben“ soll. Ich muss aber leider nur gähnen.

Jakob Hein wohnt im Regal zwischen Henrike Heiland und Heinrich Heine.

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Dienstag, 20. April 2010
Autoren, deren Namen ich nicht aussprechen kann

Siri Hustvedt (Amerikanerin, norwegischer Name. Ich spreche es mit mitteleuropäischen Vokalen aus, also sozusagen „deutsch“.)

Irene Dische (gleiches Problem: Amerikanerin, deutscher Name. Diski?)

Michel Houellebecq (U-ell-beck?)

J.M. Coetzee (Kuhtzi?)

Annie Proulx

Colm Tóibín (Spielzeugmülltonne?)

Joel Haahtela

Tanguy Viel (Tañgi Wi-ell?)

(tbc)

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Sonntag, 18. April 2010
Fit und well (11): Siebenmeilenstiefel

Samstag
Ich gehe in den Laden, um die Siebenmeilenstiefel erstmal auszuprobieren. Der nette Herr dort zieht sie mir an und nimmt mich an die Hand, und es gibt eine Stange, wie beim Ballett, an der man sich festhalten und die ersten Schritte versuchen kann. Dann geht es schon mit nur einer Hand und dann ohne, man kriegt die Bewegung schnell raus. Und wer gehen kann, kann auch ein bisschen laufen, und hüpfen, jippie! Das macht Spaß! Jetzt hinfallen, sagt der freundliche Herr. Wie, hinfallen, sage ich. Nach unten, sagt er, nicht irgendwohin, keine Judorolle oder so was, nur runter, fallenlassen, auf die Knie, schön langsam. Die Siebenmeilenstiefel sind gut 40 cm hoch. Ich bin 1,81. Mein Kopf befindet sich in mehr als 2,20 m Höhe, und ich soll mich fallenlassen. „Nach unten“. Is klar.
Luftholen.
Ich trage Knieschoner, direkt unter den Knieschonern ist ein gepolsterter Metallbügel, was soll schon passieren? Ich lasse mich fallen, auf die Knie, Hände, Bauch, ich liege platsch! bäuchlings in voller Länge im Laden. Aua. Aber okay. Ging eigentlich.
Dann übe ich beidbeiniges Hüpfen. Dafür muss man erstaunlicherweise die Knie durchgestreckt lassen, die Federung kommt aus den Schuhen, nicht aus den Knien, es dauert einen Moment, bis ich die Bewegung raushabe, aber dann geht auch das. Und noch einmal hinfallen, bitte. Diesmal kriege ich dabei einen etwas übleren Stoß in den Rücken, aua.
Ich hüpfe noch ein bisschen im Laden herum, am liebsten würde ich die Dinger gleich anbehalten.

Sonntag
Schon als ich auf den Laden zugehe, sehe ich vor mir ein paar junge Leute mit geschulterten Siebenmeilenstiefeln. Insgesamt ist die Gruppe am Ende ungefähr dreißig Leute stark, darunter Profis und absolute Anfänger (noch anfängeriger als ich, also solche, die noch nicht im Laden waren und geübt haben), im Alter zwischen 15 und 55, schätzungsweise. Wir gehen los, ich muss daran denken, immer schön die Knie zu heben. Die Straße ist nicht so eben wie der Boden im Laden, aber es geht, ganz gut sogar, erstaunlich gut, tirili! *stolper* Man darf sich nur nicht kurz mal nicht konzentrieren. Wir gehen an die Alster, die jungen Hüpfer machen unfassbar hohe Sprünge und Kunststückchen, die Anfänger sind noch im Laden und tun das, was ich gestern schon gemacht habe. Ich trappel ein bisschen abseits vor mich hin. Gehe, laufe ein bisschen, hüpfe. Setze mich mal kurz, das ist nämlich reichlich anstrengend. Der Herr im Laden hatte gesagt, man wäre insgesamt etwa drei Stunden unterwegs, da fange ich lieber rechtzeitig mit dem Pausemachen an. Jemand anders sagt, drei Stunden wäre ja wohl Quark, es würden eher so vier bis fünf, oder auch schon mal sieben. Sehr witzig.

Sollen sie doch sieben Stunden siebenmeilenspringen. Mir werden die drei schon reichen, hü-hüpf, es ist herrlichstes Wetter, blauer Himmel und Sonnenschein, die Alster glitzert, und es macht großen Spaß. Dann gehen wir weiter zum Rathausmarkt, und das ist eine. verdammt. lange. Strecke. Wir gehen zwar langsam, aber das ist anstrengend genug, ungewohnte Bewegungen, ungewohntes Balancehalten. Am Rathausmarkt legen die jungen Burschen erst richtig los. Haben die eine Energie. Verschiedene Fotografen werfen sich ihnen zu Füßen. Ich mache mal wieder Pause, liege auf einem breiten, hohen Brückenpfeiler, von dem ich auch gut wieder runterkomme. Denn sonst ist Aufstehen natürlich so eine Sache.
Und dann hüpfe ich noch ein bisschen auf dem Rathausmarkt herum, renne ein paar Schritte, mache wieder Pause. Ich wurde noch nie in so kurzer Zeit so oft angeguckt, angesprochen und fotografiert. Die jungen Hüpfer hüpfen kleine Choreographien, hier und da einen Salto, meterhohe Sprünge, Schrauben, Kunststücke. Alles sieht total leicht und einfach aus, wie schwerelos, während mir langsam jeder Muskel wehtut. Erstaunlicherweise vor allem die Bauchmuskeln. Und Rücken. Und Beine. Und alles. Überhaupt, mein Rücken. Wo ich gestern beim Fallen den Stoß bekam. Das fühlt sich jetzt nicht mehr so richtig gut an.
Vom Rathausmarkt aus kann man die Türme der Mundsburg sehen. Da in der Nähe ist der Laden, zu dem wir zurückmüssen. Verdammt weit weg. Genauer betrachtet ist es unfassbar weit weg. Unmöglich. Die Dinger an meinen Füßen sind nämlich inzwischen ganz schön schwer. Dann mal los. Die Cracks gehen noch weiter in die Hafencity.

Am Ende waren wir knapp fünf Stunden unterwegs. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, bin ich von den Anfängern die einzige, die die komplette Zeit auf Siebenmeilenstiefeln verbracht hat, alle anderen haben zwischendurch getauscht und sind ein Stück zu Fuß gegangen. Also, auf ihren eigenen Füßen. Und gefallen bin ich auch nicht.
Ich platze vor Stolz.
Als wir wieder im Laden sind, lassen alle alles fallen, alle sind komplett fertig. Ich schaffe es irgendwie aus den Schuhen raus, ziehe mir ein frisches T-Shirt über und gehe. Erst im Bus fällt mir ein, dass mir unterwegs zwei Leute ein bisschen Geld geliehen haben, damit ich mir ein Eis und ein Getränk kaufen konnte. Falls Ihr das hier lest, Ihr beiden: tut mir leid, das wollte ich Euch doch im Laden wiedergeben! Total vergessen! Die Erschöpfung!
Zu Hause trinke ich mehrere Gläser Apfelschorle. Dann falle ich ins Bett, schlafe eine Stunde wie ein Stein und wache mit Kopfschmerzen wieder auf. Man kann doch keinen Sonnenstich kriegen, bloß weil man sich mal fünf Stunden in der Aprilsonne auf ungewohnte Weise bewegt? Für den Rest der Woche werde ich jedenfalls den Muskelkater aus der Hölle haben, das ist mal sicher. Und wahrscheinlich federt mein Bett heute Nacht genauso wie jetzt mein Schreibtischstuhl.

Kinder! Probiert das mal aus! Jeden Sonntag um elf Uhr ist Treffpunkt im Laden am Mundsburger Damm, dort bekommt man Stiefel geliehen, es kostet nichts und macht irren Spaß. Und irren Muskelkater. (Weitere Informationen gibt es hier und hier.)



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Samstag, 17. April 2010
Morgen (Sonntag)

… habe ich etwas hervorragend Großartiges für meine kleine Fit und Well-Reihe vor. Und würde dabei schrecklich gern fotografiert werden. Wie ich mich blamiere. Oder mir die Knochen breche. Hat jemand eine Kamera und noch nichts Besseres vor? So gegen viertel nach elf? Draußen, an der Alster. Es soll schönes Wetter werden. Ihr wollt eh da sein, wo ich dann bin. Das wär sehr, SEHR toll. Näheres gern per Mail.

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Joel Haahtela (Sandra Doyen): Sehnsucht nach Elena

Der Roman beginnt so:
Gleich kommt sie. Noch kann ich sie nicht sehen, höre aber beinah ihre Schritte. Sie hallen über das Pflaster, kurz bevor der Sand ihr Echo schluckt. Immer auf die gleiche Weise, immer überraschend. Als käme sie aus dem Nichts.
Auch gestern saß ich hier, genau wie am Tag zuvor. Sie nimmt mich kaum wahr, obwohl der Park zu dieser Morgenstunde menschenleer ist. Die Bank steht etwas abseits unter einer Kastanie.

Da sitzt der Erzähler also, auf der Bank unter der Kastanie im Park, und wartet auf Elena. Vorgestern, gestern und heute. Und morgen und übermorgen. Dass sie Elena heißt, weiß er noch nicht, er erfährt es im Laufe der Zeit zufällig. Tag für Tag sitzt er da und sehnt sich nach Elena, er weiß, wann sie durch den Park kommt, sieht sie vorbeigehen, spricht sie nicht an, tut auch sonst nichts. Er hat nur diese Sehnsucht, da zu sein und sie zu sehen. Und dann geht er durch die Stadt oder nach Hause und sieht aus dem Fenster in den Garten. All das in sehr kurzen, sehr einfachen Sätzen, hervorragend aus dem Finnischen übersetzt von Sandra Doyen – manchmal nerven so kurze Sätze ja, hier nicht, hier funktionieren sie, sie ergeben einen fast schon hypnotischen Rhythmus. Man sieht mit dem Erzähler zusammen irgendetwas und denkt dabei nicht viel.
Eines Tages kommt Elena nicht, und am nächsten Tag auch nicht, und am übernächsten nicht. Und er macht sich auf die Suche. Jedes Wort, was ich noch weiter über die Geschichte erzählen würde, wäre zu viel; lange Zeit passiert nur wenig. Und egal, wie dezent ich etwas über das Ende andeuten würde, es wäre zu viel, denn Ihr sollt das selbst lesen, unbedingt. Es sind nur 150 Seiten, und die meisten davon sind nur halb voll.
„Sehnsucht nach Elena“ ist jetzt schon ein Anwärter, ein Lieblingsbuch des Jahres zu werden. Selten so ein großartiges Ende gelesen. Und wenn man fertig ist, will man gleich vorne wieder anfangen. Nicht aus lauter Trauer, dass es vorbei ist, sondern, um sich noch mal zu vergewissern.

Joel Haahtela bekommt einen Regalplatz zwischen Woodie Guthrie und Wolf Haas.

PS: Torsten von der Lieblingsbuchhandlung hat es auch gelesen, so bin ich überhaupt drauf gekommen. Danke! Großartiges Buch. Aber das sagte ich wohl schon.

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Henrike Heiland: Von wegen Traummann

Der Roman fängt so an:
Meine Mutter konnte jedes Mal riechen, wenn ich Sex hatte. Sie roch es drei Straßen weiter in ihrer Wohnung. Spätestens, wenn ich mir den BH aufmachte, nahm sie Witterung auf. Tastete ich nach den Kondomen neben dem Bett, griff sie zum Telefon und wartete. Kurz vorm Höhepunkt begann sie zu wählen. Und das Klingeln brachte mich natürlich komplett raus.

Charlotte hat seit anderthalb* Jahren den perfekten Freund. Frank ist reich, verheiratet, aufmerksam und romantisch. Er kommt jeden Mittwoch, bringt Blumen mit und verwöhnt und verführt sie. Perfekt.
Nur, dass sie dann doch irgendwann gern etwas Richtiges hätte. Einen Mann nur für sich, eine offizielle Beziehung, einen, der immer da ist. Nicht nur Mittwochs. Kaum hat sie Frank das gesagt, da verlässt er seine Frau und steht mit Sack und Pack in ihrer Wohnung. Und schnell stellt sich raus: doch nicht so ein Traummann. Nur, wie wird sie ihn jetzt wieder los? Wo er doch ihretwegen Frau und Tochter verlassen hat?

Wer hier schon länger liest, weiß zweierlei: erstens bin ich mit Henrike Heiland befreundet, und zweitens lese ich normalerweise keine lustigen Frauenromane. Aber ich kenne das Genre, denn ich habe reichlich davon übersetzt. Und weiß, dass es auch diese Sorte Bücher in höchst unterschiedlichen Qualitäten gibt. Manche sind wirklich nett und lesen sich einfach so weg, andere sind kaum zu ertragen. Ich habe heute Nacht bis drei Uhr durchgelesen, weil es eben so ein Buch ist. Zum einfach immer Weiterlesen. Ohne großen Anspruch, aber nett.
„Von wegen Traummann“ ist logischerweise voller Klischees (Reiterhof!) und bietet wenig Überraschungen; das gehört so, denn so funktioniert das Genre. Wundervoll ist, dass es die übliche Geschichte lustiger Frauenbücher umkehrt. In allen anderen geht es darum, den Traummann zu kriegen. Hier soll er weg. Hervorragend! Was ich auch sehr mag, ist, dass die Hauptfiguren so ihre Macken haben, aber nicht zu viele, und dass auch die Nebenfiguren einen Charakter haben dürfen und durchaus präsent sind, nicht nur Stichwortgeber. Und zu lachen gibt's auch was. Schön, um einfach mal kurz abzutauchen. Badewanne, Balkon, Strand.

Henrike Heiland steht im Regal zwischen Heere Heeresma und Jakob Hein.

* Henrike! Anderthalb!

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Freitag, 16. April 2010
Liebe Katy,

weißt Du noch, als Du vor einigen Wochen hier warst? Es kommt mir vor, als wäre das schon ewig her, die Alster war zugefroren, wir haben einen kleinen Spaziergang auf dem Eis gemacht. Du hattest Deine Zahnbürste vergessen. Wir hatten noch eine frische, die wir Dir gegeben haben. Du hast sie dann nicht mitgenommen, als Du abgefahren bist, Du hast sie in unserem Zahnputzbecher stehen lassen. Das war Anfang Februar. Die Zahnbürste steht da immer noch, ich weiß selbst nicht, warum wir sie nicht längst weggeworfen haben. Vielleicht warten wir darauf, dass Du wieder kommst. Du weißt ja, wo das Gästebett steht, es ist meistens frei.
Und Du hast uns Flüssigseife mitgebracht, die seitdem auf dem Waschbeckenrand steht, meine Hände duften jetzt immer so appetitlich nach Zitronenverbene.
Was ich sagen will: mehrmals am Tag denke ich an Dich, immer beim Zähneputzen und beim Händewaschen. Und dann noch manchmal zwischendurch, wenn ich den „I ♥ German books“-Button auf meiner Tasche sehe, Dir auf Facebook begegne oder Dein Blog lese. Ich denke dann nicht immer einen großen Text, eher so was wie „ah, Katys Zahnbürste“, aber es ist immer ein freudiges „ah, Katys Zahnbürste“. Weil ich mich freue, dass Du da bist, und weil ich mich freue, dass wir uns kennen, und weil ich mich freue, dass wir beide bloggen, denn wenn wir das nicht täten, dann würden wir einmal im Jahr in Wolfenbüttel aneinander vorbeilaufen, und ich würde nur dieses ein Mal im Jahr denken „ist das nicht diese Katy?“. Das wäre wirklich schade.
Heute sollst Du große Mengen von Deinem Lieblingskuchen essen und mit lauter Lieblingsleuten ein paar Gläser Sekt trinken. Ich wünsche Dir Gesundheit, Glück und Geschmeide und ein rauschendes Fest! Und ich freue mich schon, Dich im Juni zu sehen und nicht nur „ist das nicht diese Katy“ zu denken. Have the happiest birthday, love!
Isa

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Donnerstag, 15. April 2010
Liebe Autoren,

ich möchte in Beerdigungsszenen bitte keine metaphorischen Vögel mehr lesen. Ich möchte nicht, dass sie während der Zeremonie auf einem Baum über dem offenen Grab sitzen, am Ende noch ein hübsches Liedchen zwitschern und sich dann hoch in den Himmel aufschwingen, bis man sie nicht mehr sieht. Und wenn das schon unbedingt sein muss (Nein! Muss es nicht! Streichen! Weg!), dann, bitte, erklärt es nicht auch noch. Das haben wir alles schon hunderttausend Mal gelesen, und ja, auch schon genauso oft das mit der Seele und dem Himmel und so.
Und wo wir gerade bei Beerdigungen sind: dass ich in dem Zusammenhang kein „Sie ist … Verzeihung, sie war“ mehr lesen möchte, wisst Ihr ja schon. Ich dachte, ich erinnere Euch noch mal fix dran.

Danke. Ächz.
Eure Isa

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Mittwoch, 14. April 2010
Isa lernt kochen

So eine Gemüsekiste ist super. Ich habe noch nie so viel gekocht wie in den letzten zwei Wochen, und manches davon war wirklich großartig. Das mit dem Mangold hat irgendwie nicht geklappt, dabei hatte ich mich auf den am meisten gefreut, aber es hat dann leider nur mittel geschmeckt. Muss ich noch lernen, den Mangold selbst trifft keine Schuld.
Super waren Rot- und Weißkohl. Danke, Frau Extramittel, für den Link auf dieses Rotkohlrezept von Frau Creezy – das ist wirklich der Hammer. Unfassbar großartig leckerer Rotkohl. Mit einem Glas Sauerkirschen drin. (Ohne Rosinen, weil ich keine dahatte. Kommen nächstes Mal noch rein.)
Aus dem Weißkohl habe ich zweierlei gemacht, einmal Schmorgemüse, ebenfalls mit Obst drin, nämlich Äpfeln – so ziemlich nach diesem Rezept, allerdings habe ich kein fertiges Kompott genommen, sondern fix selbst ein paar Äpfel gekocht. Waren noch genügend da. Mit Kartoffelbrei dazu, superlecker. Man sollte öfter Obst ins Essen tun.
Unfassbar lecker war auch der Coleslaw, den ich aus der anderen Hälfte Weißkohl gemacht habe. Das Rezept steht hier. Ich hatte keinen Tabasco, aber ansonsten habe ich mich im Wesentlichen daran gehalten. Ganz großartig, das Dressing ist der Hammer. Und schnell ging es auch, Kohl und Möhren habe ich in der Küchenmaschine geschreddert.

Heute kam wieder eine Kiste. Darin sind unter anderem Topinambur, Steckrüben, Spinat und Bärlauch. Habt Ihr dafür womöglich auch Vorschläge? Spinat kam in meinem Leben bislang aus viereckigen Packungen. Bärlauch würde ich in Kartoffelsalat tun (weil ich das schon mal gemacht habe), und aus Steckrüben würde ich Mus machen (weil Herr Paulsen das gemacht hat, als ich daneben stand, und ich so schlau war, es aufzuschreiben). Dass die Topinamburs Topinamburs sind, weiß ich nur, weil das auf der Rechnung steht. Keinen Schimmer, was das ist.

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Dienstag, 13. April 2010
Nächste Woche Sonntag! Ihr kommt doch alle?

Was soll ich denn bloß lesen?

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Arme Saskia.

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Montag, 12. April 2010
Mit anderen Worten: Was Bücher mit Übersetzern machen

Man wirft Übersetzern ja gerne vor, was sie Schlimmes mit einem Buch gemacht hätten. Oder man bejubelt sie für das, was sie mit einem Buch gemacht haben. Natürlich machen Übersetzer etwas mit Büchern. Aber Bücher machen auch etwas mit Übersetzern.

Meine neue Kolumne im Titelmagazin ist da! Bitte aufs Logo klicken.

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Fit und Well (10): Lebensfreudemesse

Zur Einstimmung auf diesen Eintrag kann man schön den Lebensfreudemessesong hören, hier in der linken Spalte. Da war ich nämlich, auf der Lebensfreudemesse.


Lebensfreude

Wir kaufen uns ein Mangolassi und probieren als erstes ein Trampolin aus. Eine nette Dame lässt uns hüpfen, Hüpfen ist gesund, denn man braucht dafür alle möglichen Muskeln und den Gleichgewichtssinn, es bringt den Kreislauf in Schwung, die Bewegung ist sanft und ohne harte Stöße, außerdem macht Hüpfen Spaß. Lebensfreude scheint mir eine ganz vernünftige Angelegenheit zu sein.
Unsere nächste Station ist ein Massagekissen. Es ist vielleicht 25 cm hoch und knapp 40 breit, man sitzt auf Gartenstühlen, das Kissen in der Lendenwirbelsäule massiert erstaunlich heftig. Total toll. Ein gesprächiger Chinese kippt uns die Stühle nach hinten und legt uns die Massagekissen unter den Schulter-/Nackenbereich – woah. Tut weh, tut gut, wir wollen gar nicht mehr aufstehen. Wir lassen uns rauf und runter den Rücken massieren und finden Lebensfreude super.
Ich wundere mich über den Stand der Partei „Die Violetten. Für eine spirituelle Politik“, aber mein Begleiter sagt, die treten auch regelmäßig zu Wahlen an. Ich vergesse so was ja immer gleich, finde es aber zauberhaft, wie intensiv das junge Paar hinter dem Stand mit einander bzw. mit Knutschen beschäftigt ist. Diese Lebensfreude! Auf der Webseite der Partei gibt es übrigens ein weiteres tolles Lied, könnt Ihr googeln.


Energie

Aber es ist nicht alles Spaß. An manchen Ständen merkt man deutlich, dass Lebensfreude eine ernste Angelegenheit ist. Man sorgt sich um unsere Heilung. Heilung ist das große Thema. Und Energie. Energie ist wichtig, Energie ist das, was wir brauchen, Energie ist das Gute. Das hat man schnell begriffen. Erhalten kann man diese Energie beispielsweise mittels einer Energiepyramide, einem erstaunlich hässlichen Teil, das es in zwei Größen gibt: groß und sehr groß. Die große hat eine Reichweite von acht Metern, die sehr große fünfundzwanzig. Die Pyramide aus Messingstäben steht auf einem Boden aus Acryl, und darin befindet sich eine kleinere, ebensolche, aber auf dem Kopf stehende Pyramide. Durch die Mitte verläuft ein Stab, der mit Halbedelsteinen oder so was gefüllt ist.
Ein junges Mädchen sagt zur Erklärung auf, was es auswendig gelernt hat: die Spitze der Pyramide nimmt Energie aus dem Kosmos auf, die durch die Pyramide nach unten hin breit abgestrahlt wird. Die innenliegende Pyramide nimmt die Energie der Erde auf und strahlt sie nach oben hin ab. Dadurch entsteht ein sehr kraftvolles Energiefeld, das man auch spüren kann. Wir sollen die Hände unter die Pyramide halten. Oder an die Ecken. Oder innen rein. Ob wir die Energie spüren? Nein, sagen wir. Es könne warm sein, oder kalt, oder ein Kribbeln. Wir spüren nichts. Sie führt uns von der großen zur sehr großen Pyramide, und hier? Nein, sagen wir. Dass es ein bisschen kühl ist, sagt mein Begleiter, liege natürlich am Plexiglas.
Das junge Mädchen ist ratlos, der Mann am Stand kommt ihr zu Hilfe. Ob ich die Pyramide schön finde, fragt er, und ich bin ein bisschen stolz auf mich, dass ich statt eines entsetzten „das ist ja wohl nicht Ihr Ernst“ immerhin ein halbwegs diplomatisches „mein Geschmack ist es nicht“ herausgebracht habe. Ob mir Silber denn besser gefallen würde. Äh, nee, das macht’s dann auch nicht. Er erklärt uns noch mal dasselbe, wir spüren immer noch nichts. Zur besseren Erklärung empfiehlt er uns, die CD mit der Aufzeichnung seines Auftritts bei Jürgen Fliege zu kaufen, da wäre das alles super erklärt. Und da hätten sie die Energie auch gemessen, die hatten da ein Messgerät, und da hatte die Pyramide an der einen Stelle einen Messwert von achtundzwanzig! Mein Begleiter fragt, um was für Energie es sich denn handle. Na, die Energie in der Pyramide eben. Ja, aber was für eine Art von Energie denn, Wärme, elektrische Energie, magnetische? Also, das wäre mit diesem Gerät hier gemessen worden: er zeigt auf ein Bild von irgendeinem elektrischen Gerät.
Was uns am meisten erstaunt, ist, dass der Mann nicht mal eine Erklärung parat hat. Dass er mit der einfachsten aller Fragen so ins Schwimmen gerät, und nicht mal einen Verwirrtext auf Lager hat. Die Fliegesendung war, wenn ich mich recht erinnere, 1998 oder 99, der Mann macht das also schon eine Weile. Und wir sind schon wieder stolz auf uns, dass wir das ohne Lachen überstanden haben. Die Begleiterin musste allerdings zwischendurch kurz weggehen.


Klangschalen, Gongs

Zur Entspannung und wegen der Lebensfreude stelle ich mich als nächstes strumpfsockig in eine große Klangschale. Eine sehr schöne Frau mit ganz langen Haaren und grundsympathischer Ausstrahlung schlägt die Schale an, dazu eine weitere, kleinere, mit der sie mir dann am Körper entlangfährt. Die Schale, in der ich stehe, schwingt so stark, dass meine Begleiter es sogar über den Boden und durch die Schuhsohlen spüren, der Ton der kleineren Schale wird lauter und leiser, je nachdem, wohin die Dame sie gerade bewegt. Schwingung ist Energie, das kann man spüren, das ist Physik. Auf welche Weise und in wiefern diese Vibrationen jetzt meine Aura glätten, habe ich nicht verstanden, ist aber auch wurscht. Plötzlich durchrieselt mich ein Schauer, eine Gänsehaut, ich zweifle nicht daran, dass diese Schallwellenübertragung irgendwas mit der Energie in meinem Körper gemacht hat. Wahrscheinlich Lebensfreude.
Und so geht es noch eine Weile weiter. Ein Schamane flötet mit einer indianischen Flöte jemanden an, der dazu über Pferdefotos meditiert. Meine Begleiterin meint, ich müsse an meiner Ausdrucksweise arbeiten, es heißt nicht „er guckt Pferdebilder an“, sondern „er baut eine Beziehung zwischen Mensch und Krafttier auf, um in Einklang mit der Natur …“ der Rest geht im Stimmengewirr unter.
Überhaupt, die Ausdrucksweise. Wir sind in einem Paralleluniversum mit einer ganz eigenen Sprache. Es geht dauernd um Energie, um Kraft, Heilung, Aura, Kraftpunkte, Krafttiere, energetischen Ausgleich, das Energetisieren von Wasser, das Begradigen der Aura, um Einklang, Engel, Licht, Lichtwesen, um unser Inneres und den Kosmos. Und eine mediale Ausbildung ist auch nicht das, was man sich anderswo darunter vorstellt.
Ein weiterer Chinese labert mich mit Mundgeruch und einem schier nicht enden wollenden Wortschwall über sein handliches kleines Massagegerät voll. Er hält meine Hand fest, zeigt mir, wo welche Reflexpunkte sind, drückt mir das Teil in die Hand, damit ich es selbst ausprobiere, nennt plötzlich einen Preis, Messeangebot, wolle kaufe? Nee danke, lassma, ich wüsste ja gar nicht, wohin mit so viel Lebensfreude.
Nach zweieinhalb Stunden sind wir vollkommen erschöpft. Wir setzen uns in die Vorhalle, essen einen vegetarischen ayurvedischen Gemüsematsch und lauschen halbherzig den Ausführungen darüber, wie man sich mit minderhübschen Kettenanhängern gegen Elektrosmog schützen kann. Der Gemüsepapp gibt uns den Rest, wir verlassen nach nur drei Stunden die Messe und ich fahre schnurstracks nach Hause, wo ich sofort ins Bett und in einen bleiernen Schlaf falle. Keine Ahnung, was die da auf der Messe mit meiner Energie gemacht haben. Geklaut, scheint’s.
Was ich wirklich bedaure, ist, dass wir das Überraschungseiorakel nicht gemacht haben. Das hätten wir tun sollen, für einen Euro.

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Sonntag, 11. April 2010
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Elisabeth Rank: Und im Zweifel für dich selbst

Man rechnet ja nicht damit. Wir glaubten an ein Morgen, wir fuhren in den Urlaub, und wir sagten: bis bald. Wir blieben tagelang im Bett liegen, vor allem, wenn wir frisch verliebt waren, das geschah ein paar Mal, als wir noch zur Schule gingen. Mit einem Abschluss rechneten wir und mit einem Danach. Wenn man uns nach Heirat und Kindern fragte, schüttelten wir den Kopf, aber immer nur auf Zeit, denn wir wussten, irgendwann kommt der Moment, in dem wir nicht mehr so vehement den Kopf schütteln, sondern eher langsam. Später zuckten wir nur noch mit den Schultern, antworteten nicht mehr. Ein Ja hoben wir uns auf, verrieten es niemandem, aber hatten es fest in der Hand, weil man das so machte. (S. 34)

Lene, Anfang zwanzig, hat den Mann ihres Lebens gefunden, mit ihm ist auf einmal alles leicht. Alles, was in Beziehungen immer schwierig war, geht mit Tim einfach. Und dann kommt Tim bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Lene und ihre beste Freundin Tonia fahren mit dem Auto einfach los, raus aus Berlin, weg von allem Vertrauten, eine Flucht, nur weg, egal wohin. In Berlin erinnert alles an Tim. Sie fahren kreuz und quer durch Mecklenburg und reden nur wenig und stehen am Feldrand und weinen und übernachten irgendwo und schlafen zwischendurch im Auto und beschließen endlich, ans Meer zu fahren.

Sie sah fehl am Platz aus, vielleicht war es auch nur ihr Gesicht, aber in dem Moment gab es nichts, das trauriger hätte sein können als dieses Mädchen – und manchmal musste ich mir wirklich ins Gedächtnis rufen, dass dieses traurige Mädchen Lene war und nicht irgendjemand, eine Fremde.

Tonia ist dabei genauso überfordert wie Lene und weiß genauso wenig, was sie tun, wie sie mit der Situation umgehen soll. Und dann wird Lene auch noch krank, sie bekommt Fieber. Als Tonia auch nicht mehr kann, ruft sie Vince an. Vince ist Lenes Mitbewohner, und Tonia hat eine besondere Beziehung zu ihm. Das weiß aber niemand, vor allem nicht Friedrich, Tonias Freund, mit dem es nicht besonders rund läuft. Vince stößt an der Ostsee zu den beiden, sie verbringen ein paar Tage zu dritt in einem Wohnwagen, dann müssen sie zurück nach Berlin, zu Tims Beerdigung.
Und die Beerdigung wirft dann auch den Leser um, der bislang noch tapfer war. Während der Fahrt durch das Berliner Umland irrt das Buch manchmal ebenso ziellos umher wie die beiden Frauen. Aber am Meer geht es nicht mehr weiter, man kann nur noch umkehren, und am Ende läuft so ein Todesfall nun mal auf eine Beerdigung hinaus, es geht nicht anders, als dass man schließlich an einem offenen Grab steht. Dem müssen sich auch die drei stellen.
Ich verdrücke gern mal ein Tränchen beim Lesen. Aber hier habe ich richtig geweint. Vor ein paar Wochen war ich auf Elisabeths Lesung aus diesem Buch, da habe ich auch schon geweint. Und ich behaupte, das ist ein Qualitätsmerkmal. Wenn ein Text mir emotional so nah kommt, dann hat die Autorin offenbar etwas richtig gemacht. (Und in dem Fall sicher nicht billig auf die Tränendrüse gedrückt.) Die Hilflosigkeit über weite Strecken des Buches – nicht zu wissen, wohin, und was man mit sich anfangen soll und wie überhaupt eine Zukunft aussehen soll, das macht einen stumm; am Ende schließlich bricht der ganze Schmerz hervor. Und das alles, ohne dass Lisa Rank Gefühle beschreiben würde; sie geschehen einfach. Wer gerade jemanden verloren hat, möchte es vielleicht nicht lesen. Alle anderen schon.

Lisa Rank bekommt einen Regalplatz zwischen Fabrizia Ramondino und Sven Regener.

P.S.: Ja, wir kennen uns, aus diesem Internet. Nicht besonders gut, aber ich mag sie sehr. Aber das Buch hätte ich auch so empfohlen.

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Samstag, 10. April 2010
Ich hätte mich kaputtgelacht.

Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, ich würde meinen Samstag damit verbringen, erst eine Runde zu laufen, dann auf dem Balkon zu sitzen und Müsli zu frühstücken (Alnaturamüsli mit einem Apfel aus der Biokiste und Biomilch), und schließlich vegetarische Kohlrezepte zu googeln, um dann das ganze Gemüse aus der Biokiste zu verarbeiten, dann. Hätte ich gelacht. Sehr.
Jetzt finde ich es super.

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Donnerstag, 8. April 2010
Danke für den Hinweis!

Kann man ja sonst nicht ahnen.

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Mittwoch, 7. April 2010
Fit und Well (9): Salzgrotte

Im Bus fällt mir ein, dass ich die Kamera vergessen habe. Das ärgert mich, mächtig, denn die Bilder im Internet sehen schon aus, als wäre das alles höchst fotografierenswert. Sowas Blödes!
Seit ich den Gutschein habe, schmecken meine Lippen, sobald ich daran denke, salzig. Die Psyche ist ein wunderliches Ding. Nach fast einer Dreiviertelstunde Fahrt steige ich bei der Manufaktur „Puschenalarm" aus dem Bus, gehe noch ein paar Schritte und bin da: bei der Hamburger Salzgrotte. Ich möchte „Kraft und Gesundheit tanken mit einer Brise Salz“. Oben im Laden gibt es Salzlampen, Salzklumpen zum Hinstellen, Klangschalen und Bilder von Engeln. Man kann sie kaufen. Die Engelmalerin macht auch Meditationen mit Engeln in der Salzgrotte. Sogar mit Erzengeln. Man kann auch Karten und Kissen mit Heilzeichen drauf kaufen, es liegen Flyer für Heilzeichenkurse und Persönliche Lichtwesenbilder und Herzensöffnung aus.
Ich glaube nicht an Engel, ich glaube an Salz. Salzhaltige Luft ist gut bei Atemwegs- und Hauterkrankungen, Menschen wurden schon immer zur Kur ans Meer geschickt, warum also nicht auch in die Salzgrotte. Allerdings bin ich gesund, ich brauche keine Kur, ich bin nur neugierig. (Zweitens hatte ich die Hoffnung gehegt, hier eine Salzmühle kaufen zu können, aber das ist vielleicht zu prosaisch.) Als ich ankomme, warten bereits vier alte Damen. Wir bekommen Plastiküberschuhe über unsere Schuhe, weil auf dem Boden auch Salz liegt, das unsere Schuhe kaputtmachen würde. Dann kriegen wir je zwei Decken und werden in den Keller geführt, wo aus Tonnenweise Salz aus dem Himalaja und dem Toten Meer eine Grotte gebaut wurde. Es ist ziemlich dunkel, ich hätte sowieso nicht fotografieren können. Die Decke ist recht niedrig, und es hängen Stalaktiten herunter, ich muss aufpassen, mir nicht den Kopf zu stoßen. Ein wenig Licht kommt hinter den Salzwänden durch, wie Salzlampen eben, und es stehen ungefähr sechs Liegestühle herum. Wir setzen uns, kippen die Liegen nach hinten, wickeln uns in Decken ein, und die Chefin wünscht mir und den fünf alten Damen gute Erholung und schöne Träume. Die Dame neben mir hat einen guten Grund, hier zu sein, sie hat etwas mit den Atemwegen. Der Weg die Treppe herunter hat sie angestrengt, jedes Ausatmen streift irgendwie ihre Stimmbänder, und sie stößt mit jedem Atemzug einen Laut aus.
Es läuft Entspannungsmusik, Synthesizergewaber mit Flöte. Zwischendrin rasselt der Atem meiner Nachbarin. Ich schließe die Augen, stelle fest, dass außerdem irgendwo Wasser plätschert, das hatte ich beim Reinkommen gar nicht gesehen. Hoffentlich muss ich gleich nicht aufs Klo, ich soll hier eine Dreiviertelstunde liegen bleiben. Musik und Beleuchtung, habe ich gelesen, erhöhen das Wohlbefinden. Ich frage mich immer, woher diese Legende mit der Musik kommt, ich würde Stille viel entspannender finden. Es könne sein, dass man heute Nachmittag hustet (meine Nachbarin hustet jetzt schon), dass man ein Kribbeln auf der Haut spürt, oder dass man öfter zur Toilette muss, weil die Lymphe angekurbelt würden, hatte die Chefin erklärt. Ich lecke mir über die Lippen und stelle fest: schmeckt gar nicht salzig. Das hätte ich erwartet, ist aber nicht so. Auch sonst, na ja, gut, dass Salz nicht stark riecht, weiß man auch so. Die Luft hier soll aber trotzdem total gesund sein. Meine Nachbarin fiept. Ich dämmere weg.
Huch! Mein Mund steht offen. Habe ich geschlafen? Habe ich am Ende gar geschnarcht, so wie meine Nachbarin? Immerhin habe ich nicht gesabbert. Besonders warm ist es nicht, ich bin froh, dass ich die Decken habe. Und so liege ich da herum, eine Dreiviertelstunde lang. Mehr gibt es nicht zu berichten. Ich huste auch jetzt noch nicht, meine Haut kribbelt nicht, ich habe mich bestimmt total entspannt und tolle Salzluft geatmet, „so wertvoll wie zweidrei Tage am Meer“. Ich fühle mich auch schon ganz erholt. Außer dass ich lieber die Wellen hätte rauschen hören statt der Entspannungsmusik, und lieber die Sonne als das Salzlampenlicht gesehen hätte. Aber sonst, dochdoch.

(Mehr Fit und Well)

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Dienstag, 6. April 2010
Danke, gut.

Und Ihr so?

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Samstag, 3. April 2010

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Freitag, 2. April 2010

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Donnerstag, 1. April 2010
Tolstoi und Tietze lesen Tolstoi

Ich hatte hier auf ein Interview in der FAS mit Rosemarie Tietze hingewiesen, anlässlich ihrer Neuübersetzung der Anna Karenina. Im Februar war sie mit Tolstois Ur-Urenkel Wladimir Tolstoi auf Lesereise, hier ist ein kleines Video von der Lesung in Stuttgart:

Übrigens zeigt die Alfred-Töpfer-Stiftung am Georgsplatz in Hamburg gerade eine Ausstellung über Übersetzer. Eine der Portraitierten ist auch dort Mascha Tietze, zusammen mit Andrej Bitow ("Das Puschkinhaus").

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Tadaa! Die erste Obst- und Gemüsekiste ist da.

Möhren, Pastinaken, Sellerie, Sauerkraut, ein Kopf Rotkohl, eine Tüte Feldsalat (nicht im Bild). Äpfel, Birnen, Bananen, Apfelsine. Und ein kleines Willkommensgeschenk war auch noch dabei. Vom Gut Wulksfelde.

Den Feldsalat haben wir schon gegessen (ohne die Schnecke), ansonsten drängt sich mir eine Sellerie-Birnen-Suppe auf. Pastinaken muss ich dann mal googeln. Und Rotkohl kam in meiner Welt bislang aus dem Glas, muss ich also auch googeln. Jippie!

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Kommentare
Anderthalbfache Unterstützung!
Christl Klein, vor 11 Jahren
Hm, Tempers Kommentar ist ja
schon von 2008 - ich schätze eher nicht, dass...
isabo, vor 12 Jahren
Zettel's Ingo Maurer Hallo,
ich habe Ihren Beitrag zur Zettel's-Lampe gefunden. Da ich sie gerne...
Christiane Thomaßen, vor 12 Jahren
das ist ein hobby
von mir. antizyklisches kommentieren ;)
fabe, vor 12 Jahren
Das hier ist ja
schon eine Weile her. Hihi.
isabo, vor 12 Jahren
hier war ja neulich
stromausfall. menschen sind merkwürdig.
fabe, vor 12 Jahren
endlich endlich setzt jemand ein
Zeichen gegen das ständige Aussterben schöner Wörter! Da bin ich...
federfee, vor 12 Jahren
Lassen Sie doch vielleicht mal
Ihr Assoziationsmodul überprüfen, das spielt ja geradezu verrückt. Das...
isabo, vor 13 Jahren
Oh, vielen Dank!
isabo, vor 13 Jahren
grosses Lob Liebe Isabo,
bin ueber Meike auf Dich gestossen und finde Deine Texte ganz...
LvO, vor 13 Jahren
Der Verein lebe hoch, anderthalb
mal hoch Bin dabei.
Jolen, vor 13 Jahren
Da spricht mir wer aus
der Seele. Ich gebe mir auch schon seit Jahren...
Cuguron, vor 13 Jahren
Ha, wir haben auch nur
Fangen (hieß einfach "fanga") ohne so ein Hintertürchen gespielt....
Irene, vor 13 Jahren
Meiner hat mir nur von
dem Smiley auf seiner Krone erzählt. Und ob ich...
strandfynd, vor 13 Jahren
Bin gerade erst über das
Interview gestolpert - für mich als Auch-Japanisch-Übersetzerin doppelt und...
frenja, vor 14 Jahren
Beide haben Fahnenmasten, der linke
und der rechte Nachbar. Und beide haben die Deutschlandfahnen...
croco, vor 14 Jahren
das hier geht woanders
nicht besser, aber versuch macht kluch...
don papp, vor 14 Jahren
Ja. Ich habe aber erstens
Schimpfe bekommen für dieses wunderschöne, kühle, coole, elegante, heißgeliebte...
isabo, vor 14 Jahren
Sie wissen aber schon,
dass das hier schöner ausschaut?
leavesleft, vor 14 Jahren
Gute Entscheidung. Trennung in beruflich
und privat ist unpraktisch (für alle Beteiligten) und wenig...
textundblog, vor 14 Jahren
Jo. Dann.
isabo, vor 14 Jahren
Möchten Sie es wissen?
kinomu, vor 14 Jahren
alles gute und auf nach
drüben!
skizzenblog, vor 14 Jahren
ja ja ja!!! ES geht
es geht es geht!!! (aber halt ohne Editieren, wurscht!)...
g a g a, vor 14 Jahren
Ich GLAUBE, ich habe
das Captcha- Dings jetzt weggemacht. Kannst Du es nochmal veruschen?
isabo, vor 14 Jahren

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